Warum die Zukunft des Shoppings einem Zickzack-Kurs ähnelt

Warum die Zukunft des Shoppings einem Zickzack-Kurs ähnelt

Weniger Fleisch, mehr vegane Ernährung. Mehr Secondhand, weniger Neues kaufen. Mehr Achtsamkeit, weniger gedankenloses Scrollen auf Social Media. DOCH NICHT? ALLES BLEIBT, WIE ES IST? Warum fällt es Trendforschern so schwer vorauszusagen, welche Trends in den nächsten Jahren das Konsum- und Einkaufsverhalten bestimmen werden?

Für das scheinbare „mal hü, mal hott“ gibt es einen Grund. Die Zukunft des Shoppings ist kein linearer Prozess, der nur in eine Richtung verläuft. Fast jeder Trend hat seinen Gegentrend.

Wer die Zukunft des Shoppings verstehen will, muss sie als Zickzack-Kurs begreifen. Man kann so viele Studien heranziehen, wie man will, die Datenlage ist niemals eindeutig. Oft ist sie sogar widersprüchlich, wie die Menschen selbst. 

Es gibt kein Entweder-Oder. Es ist mehr ein Sowohl-als-Auch. Dieselben Konsument:Innen können durchaus mehreren Trends gleichzeitig folgen – auch solchen, die sich theoretisch ausschließen. Veganer:Innen können auch Fast Fashion kaufen. Trendforscher müssen ganz genau hinzuschauen.

Nehmen wir zum Beispiel das Thema Nachhaltigkeit. Konsumieren wir wirklich bewusster, oder ist es nur Wunschdenken? Was sagen die Statistiken?

MEHR VEGANES ESSEN UND MEHR FLEISCHESLUST

Spätestens seit der Januar von der Werbung zum „Veganuary“ erklärt wurde, scheint eine pflanzenbasierte Ernährung buchstäblich in aller Munde zu sein. Die Regale der deutschen Supermärkte sind voll mit tierfreien Alternativen zu Milch, Fleisch, Eiern und Fisch. Von 2017 bis 2020 ist ihr Absatz um 97% gestiegen.

Es findet zweifellos ein Umdenken statt – und zwar auf der ganzen Welt. Prognosen gehen davon aus, dass der Marktwert von Fleischersatzprodukten auf pflanzlicher Basis weltweit von 6,7 Milliarden US-Dollar in 2020 auf geschätzte 16,7 Milliarden US-Dollar in 2026 steigen wird. 

Auch hierzulande nimmt die Zahl derer zu, die sich als Veganer bezeichnen. 2020 lag sie laut Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse bereits bei 1,41 Millionen Menschen. Das waren 280.000 mehr als ein Jahr davor.

Die guten Nachrichten dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die Zahl der Menschen in Deutschland, die sich vegan ernähren, immer noch recht gering ist. Laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft betrug sie in 2021 nur 2% der Bevölkerung. 98 % der Deutschen essen also weiterhin tierische Produkte. Weltweit nimmt der Fleischhunger sogar weiter zu.

MEHR SECONDHAND UND MEHR FAST FASHION

Wie sieht es in der Mode mit der Nachhaltigkeit aus? Aufgrund der langen Lieferketten und der energieintensiven Produktion trägt sie rund 10% der weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Sie verbraucht mehr Energie als die Luft- und Schifffahrtsindustrie zusammen. Außerdem landen 85% der Textilien auf Mülldeponien oder werden sonst wie vernichtet.

Die Antwort der Modeindustrie auf ihr Müllproblem lautet „Refuse, Reduce, Reuse, Repurpose, Recycle“. Mit den fünf „R“ will sie der extremen Verschwendung von Ressourcen entgegenwirken. Resale-, Rental- und Secondhand-Plattformen stehen für eine neue zirkuläre Modewirtschaft und erfreuen sich einer wachsender Beliebtheit bei den Konsumenten.

Laut TredUp, einer US-Resale-Plattform soll der Markt für Wiederverkauf in den nächsten fünf Jahren elfmal schneller wachsen als der Einzelhandel für Mode. Auch der Secondhand-Markt wird sein Umsatzvolumen bis 2025 voraussichtlich verdoppeln. 2030 soll sein Marktanteil sogar doppelt so hoch sein wie der von Fast Fashion.

Dem ungeachtet konnte die chinesische E-Commerce-Plattform Shein, die bekannt ist für nahezu täglich wechselnde Kollektionen zu extrem niedrigen Preisen, ihre Umsätze im ersten Halbjahr 2021 um sage und schreibe 160% steigern. Shein kontrolliert mittlerweile 28% des US-Fast-Fashion-Marktes und hat als neue Nummer-eins-App in der Kategorie Shopping selbst Amazon überholt. Die unstillbare Lust auf billige Mode hält also trotz allem weiter an.

MEHR ACHTSAMKEIT UND MEHR SCREEN-TIME

Und wie nachhaltig gehen wir mit uns selbst um? Nicht erst seit der Pandemie ist es um die physische Gesundheit der Menschen nicht gut bestellt. Zwar waren Depressionen, Angstzustände, ADHS und Burnouts schon vorher weit verbreitet, aber COVID-19 hat alles noch schlimmer gemacht. Die Psychotherapeut:Innen sind inzwischen überlastet und die Wartezeiten für Therapien zum Teil extrem lang.

Auf der Suche nach Lösungen nutzen die Menschen mittlerweile auch Apps für mentale Gesundheit. Durch die Pandemie sind die Downloads von Mental-Health-Apps um 200 % gestiegen. Deloitte geht davon aus, dass 2022 die weltweiten Ausgaben für derartige Apps nahezu 500 Millionen US-Dollar betragen werden.

Doch beim Konsum der sozialen Medien hört die Achtsamkeit auf. Dabei belegen Studien, dass eine hohe Screen-Time zu Depressionen führen kann. Die schlechte mentale Verfassung der Menschen ist also auch auf den negativen Einfluss der sozialen Medien zurückzuführen.

Dennoch verbringen wir täglich immer mehr Zeit damit, ziellos durch die sozialen Netze zu scrollen. Das gilt für Instagram wie auch für TikTok, die zurzeit die aktivste Social-Media-App ist. Allein in 2019 verbrachten die User gigantische 68 Milliarden Stunden auf TikTok und damit viel mehr Zeit als beabsichtigt. 

Aufgrund des hohen Suchtpotenzial werden die Konsumenten sich den sozialen Medien auch in Zukunft nur schwer entziehen können. 

SOWOHL-ALS-AUCH UND KEIN ENTWEDER-ODER

Ähnlich wie Medaillen haben auch Trends zwei Seiten: mehr veganes Essen vs. mehr Fleisch, mehr Secondhand vs. mehr Fast Fashion, mehr Achtsamkeit vs. mehr Social-Media. Die Daten weisen zwar in die Richtung eines Umdenkens und einer langfristigen Veränderung des Konsumverhaltens, aber sie sind und bleiben widersprüchlich. 

Solange es billiges Fleisch und billige Kleidung gibt, werden diese Produkte auch einen Markt finden. Das gilt auch für suchtgefährdendes Scrollen. Bleibt der nachhaltige Konsum also eine Nische im Luxusmarkt, ein Privileg für Gutverdiener? Oder kommt er irgendwann doch im Mainstream an?

Es kling wie eine Ausrede, aber die Antwort muss lauten: sowohl als auch. Es wird immer Beides geben: Trends zu Weniger und Trends zu Mehr. Zwischen diesen Polen wird das Konsum- und Einkaufsverhalten stets hin und her pendeln. Ob das Pendel letztlich in Richtung einer nachhaltigeren Welt ausschlägt, können wir durchaus beeinflussen – durch das frühzeitige Adaptieren von Consumer und Shopper Trends.

Wenn Sie mehr über die Zukunft des Shoppings erfahren möchten und darüber, wie Sie mit Hilfe von Shopper Trends eine einzigartige Shopper Experience kreieren, die Ihre Kunden begeistert, beraten wir Sie gerne jederzeit und unverbindlich. Kontaktieren Sie uns einfach.

Vorschaubild: Harry Cunningham auf Unsplash

Wolf Thiem