Warum Omnichannel immer noch vielerorts eine Illusion ist

Warum Omnichannel immer noch vielerorts eine Illusion ist

Wir Düsseldorfer sind stolz auf unsere Königsallee, die wir liebevoll kurz „Kö“ nennen. Sie ist ein weltbekanntes Markenzeichen unserer Stadt und gehört laut Wikipedia zu den führenden Luxuseinkaufsstraßen Europas. Man könnte also annehmen, dass Omnichannel hier längst flächendeckende Realität und seine Umsetzung „state of the art“ ist. Doch meine persönlichen Einkaufserlebnisse zeigen, dass Wunsch und Realität selbst hier immer noch weit auseinander klaffen.

80 % der Handelsunternehmen haben immer noch keine Omnichannel-Strategie.

Das deckt sich mit einer aktuellen Studie von Roland Berger.¹ Danach haben rund 80 % der Händler immer noch keine Omnichannel-Strategie und können ihren Kunden somit auch keine nahtlose Shopper Experience zwischen Off- und Online bieten. Das ist umso erstaunlicher, da sich im Einzelhandel in den vergangenen zehn Jahren alles um Omnichannel zu drehen schien.

Der Grund für eine fehlende Omnichannel-Strategie ist laut Roland Berger mangelndes Know-how. 70 % der Befragten schätzen ihre Kompetenz in diesem Bereich als unzureichend ein. „Bei vielen Firmen ist die interne Digitalisierung von Strukturen, Kompetenzen, Prozessen und Kultur noch nicht weit genug fortgeschritten. Andere haben Defizite in ihren CRM-Systemen und beim Kundendatenmanagement. Beides sind aber zentrale Voraussetzungen, um dem Kunden über alle Kanäle hinweg ein positives Markenerlebnis anbieten zu können“, konstatiert Roland Berger-Partner Tobias Göbbel.²

Es gibt herausragende Beispiele. Aber die sind eher die Ausnahme als die Regel.

Google kommt zu ähnlichen Ergebnissen. Eine europaweite Studie des Unternehmens³ zeigt, dass es herausragende Beispiele für gut umgesetzte Omnichannel-Strategien gibt. Aber die sind eher die Ausnahme als die Regel. Die meisten Händler in Europa verschenken nach wie vor die Potenziale einer kanalübergreifenden Strategie. Sie scheinen zu einem die notwendigen Investitionen aufgrund der wirtschaftlichen Lage zu scheuen. Zum anderen sehen sie den Sinn solcher Investitionen nicht ein, da ein Großteil des Wachstums im E-Commerce auf Kanibalisierungseffekten beruht. 

Doch die Wahrheit ist, dass im hart umkämpften Retail-Business kein Weg an Omnichannel vorbeiführt. Durch Internet und Smartphone sind die Erwartungen der Shopper enorm gestiegen. Sie sind es gewohnt, in jeder Phase ihrer Shopper Experience zwischen den einzelnen Touchpoints hin- und her-, vor- und zurückspringen. Kommt es dabei zu Brüchen, werden sie rigoros abgestraft. 

Omnichannel ist nur die technische Voraussetzung für eine konsistente und zielführende Shopper Experience.

Aber Achtung: Die Implementierung einer Omnichannel-Strategie ist kein Garant für den Erfolg. Sie ist nur die technische Voraussetzung dafür, dass verschiedene analoge und digitale Touchpoints über alle Kanäle und Geräte hinweg miteinander verbunden sind. Auf dieses technische Fundament gilt es eine konsistente und zielführende Shopper Experience aufzusetzen, die die Erwartungen der Kunden jederzeit und überall erfüllt und im besten Fall übertrifft. 

Die vollständigen Studien von Roland Berger und Google finden Sie hier:
https://www.rolandberger.com/de/press/Handel-Acht-von-zehn-Unternehmen-haben-immer-noch-keine-Omnichannel-Strategie-2.html 
https://www.thinkwithgoogle.com/intl/de-de/insights/markteinblicke/omni-channel-war-gestern-die-zukunft-des-einzelhandels-liegt-der-kundenorientierung/ 

 


 

Quellennachweise:
¹ Roland Berger: Die Omnichannel-Lüge. 80% der Händler haben keine Kanalstrategie, Februar 2018.
² Claudia Russo: Handel: Acht von zehn Unternehmen haben immer noch keine Omnichannel-Strategie, auf: Rolandberger.com, 05.03.2018.
³ Google: Partnering to win in retail’s digital age. How to stay ahead, Juni 2018.

Bildquelle:
Dirk Vorderstraße, „Königsallee Düsseldorf“, CC BY 2.0.

Wolf Thiem