18 Jun Was tun, wenn die Shopper Experience zur Shopping Exfearience wird
Vor nicht allzu langer Zeit war Shopping noch ein Vergnügen, das uns kurze Momente des Glücks bescherte. Seit Ausbruch der Corona-Krise kann davon keine Rede mehr sein. Trotz der Lockerungen des Lockdowns kommt keine rechte Kauflaune auf. Das zeigen allein die Zahlen der Passanten in den Innenstädten, die laut Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) immer noch deutlich unter dem normalerweise zu erwartenden Niveau liegen.
Die Corona-Krise hat aus dem Freizeitvergnügen Shopping eine lästige Notwendigkeit gemacht, die uns Unbehagen bereitet.
Es scheint, dass Corona nicht nur Hunderttausende Menschen und die Weltwirtschaft auf dem Gewissen hat. Das Virus hat aus dem Freizeitvergnügen Shopping eine lästige Notwendigkeit gemacht, die uns Unbehagen bereitet. Hinweise, warum uns die Lust am Shopping vergangen ist, liefert eine Studie des Marktforschungsinstituts Séissmo, die das Phänomen der Shopping Exfearience, also der Angst beim Shopping, anhand des Einkaufs im Supermarkt untersucht.
Nach Meinung der Studienverfasser ist dieser ein signifikanter Indikator für die Auswirkungen, die der Lockdown und alles, was dazu gehört, auf den Handel und die Shopper Experience im Allgemeinen haben. Das dem so ist, meint auch Gudrun M. König, Professorin für Kulturanthropologie an der TU Dortmund. Für sie ist der Supermarkt ein Brennglas, unter dem die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft besonders früh und intensiv auf engem Raum beobachtet werden konnten.
WIR VERLIEREN DIE LUST AM SHOPPEN
Das Frappierendste an der Studie von Séissmo ist für mich, dass sich die Ergebnisse durchaus mit meinen Erlebnissen und Empfindungen bei meinen eigenen Einkäufen im Supermarkt decken – auch wenn ich die Gesamtsituation nicht als so stressvoll und beängstigend erlebt habe, wie sie dort beschrieben wird. In meinem Falle würde ich eher von einem Unbehagen und nicht von Angst sprechen. Aber dennoch hat Corona auch mir die Lust genommen, über das Notwendige hinaus shoppen zu gehen.
In Zeiten von Corona ist die Shopper Experience im Wesentlichen von Unsicherheiten und Berührungsängsten geprägt.
Die nach wie vor notwendigen Hygienemaßnahmen haben die Supermärkte in beunruhigende Orte verwandelt. Die Atmosphäre dort hat fast schon apokalyptische Züge. Überall wo man hinschaut, sieht man Menschen mit Gesichtsmasken, Verkäuferinnen und Kassiererinnen hinter Plexiglaswänden, Security-Mitarbeiter, Hinweisschilder mit Sicherheitsregeln, Spender mit Desinfektionsmitteln etc. Das weckt und schürt natürlich die Angst vor einer möglichen Ansteckungen.
Das führt dazu, dass die Shopper Experience im Wesentlichen von Unsicherheiten und Berührungsängsten geprägt ist. Denn jedes Produkt und jeder Gegenstand im Laden kann mit dem hochinfektiösen Corona-Virus kontaminiert sein. Hinzu kommt die Angst vor den anderen Marktbesuchern, denen man nicht zu nah kommen soll und will. Da sie wie eine direkte Bedrohung wirken, der es auszuweichen gilt, wird der Weg durch den Laden zur risikoreichen Slalomfahrt.
WIR KAUFEN ANDERS EIN ALS VORHER
Die Angst vor dem Virus wirkt sich massiv auf die Einkaufsgewohnheiten und das Einkaufsverhalten aus. In Zeiten von Corona beginnt der Einkauf nicht erst mit dem Betreten des Ladens, sondern bereits viel früher. Wir überlegen uns schon zuhause oder im Büro, wann und wohin wir gehen sollen, um auf so wenige Menschen wie möglich zu treffen. Die Shopper präferieren großzügig gestaltete Räumlichkeiten mit breiten Gängen, die das Einhalten des Sicherheitsabstands erleichtern.
Die Tatsache, dass der Einkauf in Zeiten von Corona mit Stress und Angst verbunden ist, wirkt sich auch kognitiv auf das Einkaufsverhalten aus.
Zudem wird der Einkauf im voraus gründlich geplant, um den „riskanten“ Gang in den Laden so kurz und effizient wie möglich zu gestalten. Insgesamt führt es dazu, dass wir weniger häufig, aber dafür mehr einkaufen. Für Spontaneität ist dabei kein Platz mehr. Die Lust, durch den Laden zu schlendern und sich inspirieren zu lassen, ist uns weitgehend vergangen. Impluskäufe finden kaum noch statt.
Die Tatsache, dass der Einkauf in Zeiten von Corona mit Stress und Angst verbunden ist, wirkt sich auch kognitiv auf das Einkaufsverhalten aus. Die Fähigkeit der Shopper, sich zu konzentrieren, Produkte wahrzunehmen, zu verstehen, sich an sie zu erinnern und sie zu lokalisieren, nimmt ab. Es fällt ihnen schwerer, die Unterschiede zwischen den Produkten zu erkennen. Auch ihre Aufmerksamkeit in Bezug auf Marken, Neuheiten und sensorische Hinweise sinkt deutlich.
DAS KÖNNEN HANDEL UND MARKEN TUN
An der beschriebenen Situation wird sich höchstwahrscheinlich so schnell nichts ändern. Corona wird für lange Zeit unseren Einkauf begleiten. Auch nach dem Lockdown wird den Shoppern der Schock noch in den Gliedern sitzen. Angesichts der Unsicherheit, ob es eine zweite Welle geben wird oder nicht, wird ihr Wunsch stärker denn je sein, sich nicht anzustecken und gesund zu bleiben.
Der Handel muss die Shopper Experience so gestaltet, dass sie Shoppern die Furcht vor einer möglichen Ansteckung durch den Virus nimmt.
Entscheidend wird sein, dass es dem stationären Handel gelingt, den Kunden ihre Ängste zu nehmen. Dazu wird es notwendig sein, Räume zu schaffen, die ihnen einen „gesunden“ Aufenthalt ermöglichen. Natürlich spielt die Hygiene dabei eine wichtige Rolle. Doch der Handel muss weit darüberhinaus denken und sich fragen, wie die Kunden mit den physischen Räumen interagieren und welche Auswirkungen das auf ihr körperliches und geistiges Wohlbefindens hat.
SO NEHMEN SIE IHREN KUNDEN DIE ANGST
Die gute Nachricht ist, dass der Handel durchaus Möglichkeiten hat, die negativen und angsteinflössenden Auswirkungen der Corona-Krise durch verschiedene Maßnahmen zu minimieren lassen, z.B. durch
– ein pro-aktives Krisenmanagement,
– sichtbare und beruhigende Sicherheitsmaßnahmen,
– Steuerung des Kundenflusses,
– Reorganisation der Regale und der Waren,
– mehr Servicepersonal,
– eine geräumige und luftige Gestaltung der Einzelhandelsflächen.
Bei dieser Aufgabe können die Marken den Handel tatkräftig unterstützen. Auch sie können dazu beitragen, dass der Ladenbesuch für die Corona-gestressten Shopper so entspannend wie möglich wird, indem sie ihnen so viel Hilfestellung wie möglich bieten, z.B. durch
– eine Begrenzung ihres Portfolios, um die Komplexität zu reduzieren und so die Auswahl zu erleichtern,
– eine stärkere Differenzierung zwischen SKUs, damit sie auf den ersten Blick verständlich sind,
– hygienische Verpackungen und einfache und klare Verpackungsfronten.
NEHMEN DIE ÄNGSTE IHRER KUNDEN ERNST
Eines der dringlichsten Ziele des stationären Handels ist es momentan, jene Teile der Käuferschaft zurückzugewinnen, die während des Lockdowns in den Onlinehandel abgewandert sind.
Ob es ihm gelingen wird, hängt im Wesentlichen auch davon ab, inwieweit er auf die aktuten Ängste seiner Kunden eingeht und die Shopper Experience in den Läden so gestaltet, dass sie ihnen die Furcht vor einer möglichen Ansteckung durch den Virus nimmt.
Wenn Sie wissen möchten, wie Sie Ihre Shopper Experience in Zeiten von Corona optimieren können, damit Sie für Ihre Kunden nicht zur Shopping Exfearience wird, beraten wir Sie gerne jederzeit und unverbindlich per Telefon, E-Mail oder Video-Konferenz. Kontaktieren Sie uns einfach.
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