Wie Marken die Konsummüdigkeit von Shoppern überwinden

Wie Marken die Konsummüdigkeit von Shoppern überwinden

Als Kind war ich fasziniert, wenn meine Großmutter davon erzählte, wie sie im Nachkriegsdeutschland Zigaretten gegen Lebensmittel auf dem Schwarzmarkt getauscht hat. Danach spielte der Tauschhandel kaum noch eine Rolle in unserer spätkapitalistischen Wohlstandgesellschaft – bis heute. 

Mit dem Aufkommen digitaler Resale-, Sharing-, Rental-Plattformen ist Tauschen zum hippen „In“-Style geworden. Kaufen ist out. Es wird getauscht, was das Zeug hergibt – nicht nur Materielles, auch Fähigkeiten und Kenntnisse. Vor allem konsumkritische Verbraucher betrachten ihr Eigentum zunehmend als Ersatzwährung, das sie direkt gegen andere Waren eintauschen können – ohne das Geld fließt.

Normalerweise erlebt der Tauschhandel nur in Krisenzeiten eine Renaissance erlebt, wie z.B. während der Wirtschaftkrise in Venezuela, die seit 2013 zu Hyperinflation, Versorgungsengpässe und Hungersnöte führt. 

Der Shopper Trend SWAPSETTER ist zwar nicht das Ergebnis einer realen Krise, aber er spiegelt den Gemütszustand der Konsumenten in den westlichen Gesellschaften wider. Angesichts von Pandemie, immer neuer Umweltkatastrophen und geopolitischer Konflikte leben die meisten zumindest gefühlt in einem Zustand der Dauerkrise. 

Während die Welt scheinbar von einer Krise in die nächste taumelt, stellen immer mehr Verbraucher die kapitalistischen Vorstellungen von Eigentum infrage. Die Kapitalismusmüdigkeit manifestiert sich in antikonsumistischen Internetforen, dem wachsenden Interesse an autarken Lebensstilen, der neuen Wertschätzung von Secondhand, einer boomenden Sharing Economy und dem Auftauchen von immer neuen Tauschbörsen.

Hier sind sechs Best Cases für den Shopper Trend SWAPSETTER, die zeigen, wie Start-ups und Händler Tauschsysteme zumindest teilweise in ihr Business integrieren und für Marketingkampagnen, den Aufbau von Communitys oder statusrelevante Marken-Events nutzen.

Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, was den Shopper Trend SWAPABILITY antreibt und warum er für die Zukunft des Shoppings relevant ist, können Sie hier unseren Short Brief zum Trend downloaden.

BANDI, GROßBRITANNIEN

Tauschen ist viel nachhaltiger als Neukaufen. Aber das passende Stück in der richtigen Größe und Passform zu finden ist schwierig. Die in UK entwickelte App Bandi macht es Usern leicht, Kleidung zu tauschen, indem sie sie mit ihren „Kleidertausch-Zwillingen“ zusammenbringen. 

Nachdem die User ein Profil erstellt und die Kleidungsstücke, die sie nicht mehr tragen, aufgelistet haben, bringt Bandi sie mit Personen zusammen, die eine ähnliche Größe, Körperform und einen ähnlichen Stil haben. Die User schlagen einen Tausch vor und verschicken die Tauschobjekte in einer wiederverwendbaren Bandi-Tasche. Es ist kein Abonnement erforderlich. Die Tauschaktionen sind abgesehen von den Portokosten und dem einmaligen Kauf der Versandtasche kostenlos. 

Foto: Bandi

THE SWAP CLUB, USA

Laut Fast Company gehört The Swap Club zu den innovativsten Unternehmen der Welt in 2022. Mit seinem unkomplizierten Tauschservice für AirPods und iPhones hilft es Verbraucher beim Reduzieren von Elektroschrott. Es bietet eine nachhaltige Alternative zum Kauf von neuen Gadgets an, indem es defekte Airpods durch ein neues „refreshed“ Paar ersetzt. 

Nachdem die Verbraucher ihre Airpods online registrieren haben, sendet ihnen das Unternehmen ein Ersatzpaar zusammen mit einem Versandetikett für die Rücksendung der defekten Kopfhörer zu, die dann repariert und weiter getauscht werden. The Swap Club startete als AirPod-Tauschbörse. Inzwischen umfasst das Serviceangebot auch iPhones. Weitere Tauschservices sollen folgen.

Foto: The Swap Club

UNREGULAR PIZZA, USA

Bekannt wurde der Pizzabäcker Gabriele Lamonaca, weil er während der Pandemie über einen Instagram-Account ein irreguläres Tauschsystem in New York betrieb, bei dem er seine mit Burrata belegten Pizzen gegen alles Mögliche eintauschte – von Gitarrenunterricht über Kaviardosen bis hin zu Hotelaufenthalten für eine Nacht. 

Mit Unregular Pizza eröffnete er im Mai 2021 sein erstes festes Restaurant am Union Square. Hier müssen die Kunden zwar regulär für die Pizza zahlen. Aber es wird weiterhin einmal täglich Tauschgeschäfte geben – als Hommage an die Anfänge des Restaurants. Der Tausch wird dann jeweils durch eine Glocke angekündigt.

Foto: Unregular Pizza

OBI, DEUTSCHLAND

In Köln eröffnete die Baumarktkette Obi einen DIY-Concept-Store namens „Machbar“. Mit einem kreativen „Live Experience“-Konzept will er vor allem ein junges, urbanes Publikum ansprechen. Neben dauerhaften Grundlagen-Workshops, wie z.B. Werkzeug-Einmaleins, umfasst das Konzept ein monatlich wechselndes Programm aus themenbezogenen DIY-Workshops und Events. Das daran angepasste Produktsortiment lädt zum Nachmachen ein. 

Für Gardening-Fans gibt es zudem eine Setzlingstauschbörse unter dem Motto „Meet & Seed“. Von März bis April konnten Besucher ihre eigenen Pflanzen-Setzlinge in einem Wandregal am Ladeneingang platzieren und sich dafür andere Setzlinge aussuchen oder an einem der Lastenräder in der Stadt tauschen.

Foto: Obi

HOTEL RANGÁ, ISLAND

Das Hotel Rangá, dass über ein eigenes Observatorium mit zwei hochwertigen Teleskopen verfügt, ist für seine spektakuläre Lage zur Beobachtung von Nordlichtern bekannt. Statt ins eigene Marketingbudget zu greifen, suchte das Hotel seinen ersten offiziellen „Lights Catcher“ – einen Fotografen, der einen Monat lang Fotos und Videos von den Nordlichtern machte und die Lizenzen dafür im Austausch für kostenfreie Unterkunft und Verpflegung übertrug. 

Der ausgewählte Fotograf erhielt außerdem die Flugkosten für die An- und Abreise nach Island erstattet. Für die Bewerbung mussten die Fotografen u.a. Fragen zu ihrer Reichweite in den sozialen Medien, ihren Erfahrungen als Fotograf und ihren früheren Reisen nach Island beantworten.

Foto: Hotel Rangá

YOUPLANT AMSTERDAM, NIEDERLANDE

Gleich eine ganze „Plant Swap Party“ veranstaltete Youplant Amsterdam im November 2021 im Hotel Jakarta in Amsterdam. Es war die zweite dieser Art nach zwei Jahren corona-bedingter Abstinenz. Pflanzenliebhaber waren eingeladen, ihre Stecklinge oder ausgewachsenen Pflanzen mitzubringen und sie gegen Neue einzutauschen. 

Dabei stand der Community-Gedanken im Mittelpunkt. Pflanzenliebhaber konnten sich mit Gleichgesinnte treffen und bei einer Tasse Tee oder Kaffee über Pflanzen plaudern. Die Einladung war jedoch an einige Bedingungen gebunden: Jede Pflanze musste gesund, beschriftet und gut verwurzelt sein. Der Eintrittspreis von 10 Euro enthielt ein Freigetränk und ein Goodie Bag.

Foto: Hotel Jakarta

Wenn Sie mehr über die Zukunft des Shoppings erfahren möchten und darüber, wie Sie Trends nutzen können, um eine einzigartige Shopper Experience zu kreieren, die Ihre Kunden begeistert, beraten wir Sie gerne jederzeit und unverbindlich. Kontaktieren Sie uns einfach.

Vorschaubild: Hotel Jakarta

Wolf Thiem